Illustration Expertenkolumne Eltern fragen, Experten antworten mit Bild von Frauenarzt Dr. Christian Baumgärtner.

Kinderwunsch und Fruchtbarkeitsbehandlung

Frauenarzt Christian beantwortet die wichtigsten Fragen

Sobald Du ein Baby bekommst, kommen in Deinem Leben ganz neue Fragen auf und plötzlich beschäftigen Dich Themen, an die Du vorher niemals gedacht hättest. Das ist eine tolle, spannende Zeit, aber wir verstehen auch, wenn Dir irgendwann der Kopf brummt!

Wir bei LILLYDOO glauben, dass Du sicher die richtigen Entscheidungen für Dich und Deinen kleinen Entdecker treffen wirst. Aber auch, dass es nicht schaden kann, Dir hin und wieder Rat von Menschen zu holen, die sich täglich mit diesen Fragen beschäftigen und Fachleute auf ihrem Gebiet sind. Deshalb möchten wir in dieser Artikelreihe Expertinnen und Experten die Fragen rund um Schwangerschaft, Geburt und Elternsein stellen, die uns allen durch den Kopf gehen.




Unerfüllter Kinderwunsch ist ein großes und sensibles Thema. LILLYDOO Frauenarzt Christian ist es besonders wichtig, den Paaren, die zu ihm kommen, die Definition des Begriffs Sterilität näher zu erklären, um den Druck des „Unbedingt-schwanger-werden-müssens“ zu relativieren: Von einer sterilen Partnerschaft spricht man erst, wenn bei regelmäßigem ungeschützten Geschlechtsverkehr nach mehr als zwei Jahren keine Schwangerschaft eingetreten ist. Wenn die Frau einen regelmäßigen Zyklus hat und beim Mann keine die Fruchtbarkeit einschränkende Krankheit bekannt ist, sollten medizinische Schritte daher frühestens nach einem Jahr begonnen werden. Im folgenden Artikel erklärt Christian, welche Gründe es dafür geben kann, dass ein Paar auf natürlichem Wege nicht schwanger wird und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Was können die Gründe dafür sein, dass eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege nicht zustande kommt?

Die Gründe können sowohl auf männlicher als auch auf weiblicher Seite liegen. Auch die
körperliche Kombination und die Reaktion beider Partner aufeinander können der Grund sein, warum eine Schwangerschaft ausbleibt. Eine ausführliche Anamnese ist daher der erste wichtige Schritt. Im Gespräch wird gemeinsam herausgefunden, ob es offensichtliche Gründe gibt, die den Kinderwunsch beeinträchtigen.

Die häufigsten Probleme auf weiblicher Seite sind hormonell bedingt, daher ist wichtig herauszufinden: Ist der Zyklus der Frau regelmäßig, spürt sie vielleicht sogar ihren Eisprung? Ein sehr unregelmäßiger Zyklus oder das Ausbleiben der Periode können auf hormonelle Ursachen wie Schilddrüsenerkrankungen, vermehrte männliche Hormonbildung (polyzystisches ovarielles Syndrom, PCOS), unzureichende Gelbkörperphase nach dem Eisprung oder vorzeitiges Erschöpfen der Eierstockleistung hinweisen. Zudem können organische Probleme der Frau Grund dafür sein, dass sie nicht schwanger wird. Eine sehr starke Periode kann beispielsweise auf Polypen oder Myome (gutartige Knoten an der Gebärmutter) hinweisen, welche die Einnistung der Eizelle erschweren. Zunehmende Bauchschmerzen, insbesondere während der Periode oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können auf akute oder frühere Infektionen oder Endometriose (gutartige Gewebeablagerung außerhalb der Gebärmutter) hinweisen. Auch Erkrankungen des Blutgerinnungssystems der Frau können zu wiederholten Fehlgeburten führen oder das Eintreten einer Schwangerschaft erschweren. Bei wiederholten Fehlgeburten sollten auch immunologische Störungen zwischen den Partnern untersucht werden.

Von Seiten des Mannes kann die Spermienqualität der Grund der ungewollten Kinderlosigkeit sein. Auch hier ist die Anamnese wichtig: gibt es bekannte Vorerkrankungen, wie Mumps oder andere Infektionen oder Entzündungen der Hoden oder Prostata, oder auch Voroperationen, welche die Spermienqualität beeinflussen könnten?

Da viele Paare die Kinderplanung heute erst nach dem 30. oder 35. Lebensjahr angehen, spielt natürlich auch das Alter und die damit verbundene bereits verminderte oder eingeschränkte Eizell-/Spermienqualität eine zunehmende Rolle beim unerfüllten Kinderwunsch.

Wie sieht das weitere Vorgehen aus und was sind die häufigsten Therapiemöglichkeiten bei unerfülltem Kinderwunsch?

Es kann wie gesagt verschiedenste Gründe dafür geben, dass ein Paar bisher kinderlos geblieben ist – wichtig ist aber zu wissen, dass wir heutzutage sehr viele Möglichkeiten der ausführlichen Diagnostik und gezielten Therapie haben, den Kinderwunsch doch zu erfüllen. Viele Analysen und Therapien lassen sich in der gynäkologischen Praxis durchführen, eine Behandlung oder künstliche Befruchtung im Kinderwunschzentrum ist nicht immer unbedingt notwendig.

Fruchtbarkeitsbehandlung bei Frauen 

Die Behandlung ist natürlich abhängig von der Diagnose. In einigen Fällen helfen bereits kleine Maßnahmen: Durch eine gesunde Lebensweise mit regelmäßiger Bewegung, Verzicht auf Rauchen oder andere Drogen, gemäßigtem Alkoholkonsum, ausgewogener Ernährung und Gewichtsabnahme bei Übergewicht kann häufig ein stabiler Zyklus mit regelmäßigem Eisprung auf natürliche Art und Weise wiederhergestellt werden. Bestimmte Erkrankungen der Schilddrüse oder schwere Formen des PCOS hingegen erfordern meist eine hormonelle Behandlung, um einen regelmäßigen Eisprung herbeizuführen. Auch die Aktivität der Eierstöcke lässt sich durch bestimmte Medikamente problemlos stimulieren. Werden anatomische Veränderungen der inneren weiblichen Geschlechtsorgane (wie
Polypen, Myome oder Fehlanlagen der Gebärmutter) festgestellt, kommt eine operative
Diagnostik per Gebärmutter- oder Bauchspiegelung in Frage, bei der hinderliche anatomische Veränderungen möglicherweise schon entfernt werden können.

Leider ist es nicht immer so einfach: Besonders die Diagnose Endometriose, die oftmals hinter einem unerfüllten Kinderwunsch steckt, bedarf trotz Operation im Anschluss nicht selten einer Kinderwunschbehandlung über ein Kinderwunschzentrum.

Zuletzt sollte bei wiederholten Aborten in einer frühen Schwangerschaftswoche eine Untersuchung der Immunreaktionen zwischen mütterlichen und väterlichen Zellen und eine Prüfung des Blutgerinnungssystems der Frau stattfinden. Zusätzlich wird eine humangenetische Abklärung empfohlen.

Es liegt in unserer Verantwortung als betreuende Gynäkologinnen/Gynäkologen herauszufinden, welche Form der Unterstützung notwendig oder auch sinnvoll erscheint.

Fruchtbarkeitsbehandlung bei Männern



Parallel zur Ursachenforschung bei der Frau findet auch eine urologische Untersuchung des Mannes mit Anamnese, Untersuchung und Spermienanalyse statt. Auch ihm wird generell zu einer gesunden Lebensweise geraten – Nikotin-, übermäßiger Alkohol- oder auch Drogenkonsum kann die Spermienqualität deutlich verschlechtern. Die Erfolgschancen einer spontan entstehenden Schwangerschaft hängen von der genauen Diagnose ab, bei eingeschränkter Spermienqualität ist meist jedoch die Beratung und Behandlung in einem Kinderwunschzentrum notwendig. Je nach Diagnose besteht dann
beispielsweise die Möglichkeit einer Insemination oder einer speziellen Spermienselektion bei IVF- oder ICSI-Verfahren. Mehr dazu erfährst Du im Artikel „Kinderwunschbehandlung und künstliche Befruchtung“.

Wie sieht es mit den Kosten aus, werden sie von der Krankenkasse übernommen?

Die Kosten für Diagnostik, ob hormonell oder operativ, werden von den Krankenkassen getragen. Auch Stimulationsbehandlungen in den gynäkologischen Praxen mittels oraler Medikamente werden von den Kassen unterstützt. Anders sieht es bei den Kinderwunschbehandlungen in speziellen Zentren aus. Hier werden die Behandlungskosten nur verheirateten Paaren erstattet – und das meist nur zur Hälfte bei den ersten drei Behandlungsversuchen. Hier gibt es aber auch Krankenkassen, welche 100 Prozent der Kosten übernehmen oder bei weiteren Behandlungen über den dritten Versuch hinaus Kosten erstatten.

Was ist die häufigste Frage, die Du zum Thema Fruchtbarkeitsbehandlung bekommst?

Tatsächlich haben die meisten Paare Angst, einfach nicht schwanger zu werden – und das bereits nach wenigen Monaten. Daher ist es notwendig, dem Paar zunächst die Angst zu nehmen: Es ist nicht selten, dass es eine Weile dauert, bis eine Schwangerschaft entsteht und gerade nach hormoneller Verhütung muss sich der weibliche Zyklus erst einmal wieder
einstellen. Paare sind häufig überrascht, dass selbst bei uneingeschränkter Fertilität beider Partner und zeitgerecht ungeschütztem Geschlechtsverkehr die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Zyklus spontan schwanger zu werden, nur bei circa 30 Prozent liegt, teilweise wird sogar von nur 15- bis 20-prozentiger Wahrscheinlichkeit gesprochen. Deshalb sollte auch von ärztlicher Seite nicht zu schnell von künstlichen Verfahren, ausführlichen Diagnostiken oder operativen Therapien gesprochen werden.

Ist eine Behandlung jedoch unumgänglich, lautet die Frage, die ich am häufigsten gestellt bekomme: „Wie wahrscheinlich werde ich durch diese oder jene Behandlungsoption schwanger?“. Interessanterweise fragen Patientinnen viel seltener nach möglichen Nebenwirkungen oder möglichen Folgeproblemen – häufig ist der Wunsch schwanger zu werden so groß, dass auch Nebenwirkungen in Kauf genommen werden. Trotzdem ist eine ausführliche Beratung über Risiken selbstverständlich notwendig. Wie wahrscheinlich es durch ein bestimmtes Verfahren zu einer Schwangerschaft kommt, kann letztendlich nicht seriös beantwortet werden, da zu viele individuelle Faktoren eine Rolle spielen. Daher können auch bei einem künstlichen Verfahren nicht selten mehrere Versuche notwendig sein, um erfolgreich schwanger zu werden.

Für viele Paare ist ungewollte Kinderlosigkeit ein sensibles und schmerzhaftes Thema. Vielleicht tut es euch gut, mit Freundinnen und Freunden, der Familie oder sogar in einer Selbsthilfegruppe über eure Erfahrungen zu sprechen. Ihr seid auf eurer Reise nicht allein!

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