Sobald Du ein Baby bekommst, kommen in Deinem Leben ganz neue Fragen auf und plötzlich beschäftigen Dich Themen, an die Du vorher niemals gedacht hättest. Das ist eine tolle, spannende Zeit, aber wir verstehen auch, wenn Dir irgendwann der Kopf brummt!
Wir bei LILLYDOO glauben, dass Du sicher die richtigen Entscheidungen für Dich und Deinen kleinen Entdecker treffen wirst. Aber auch, dass es nicht schaden kann, Dir hin und wieder Rat von Menschen zu holen, die sich täglich mit diesen Fragen beschäftigen und Fachleute auf ihrem Gebiet sind. Deshalb möchten wir in dieser Artikelreihe Expertinnen und Experten die Fragen rund um Schwangerschaft, Geburt und Elternsein stellen, die uns allen durch den Kopf gehen.
Mit dem ersten Kind wird vieles anders: Auf einmal wird dieser kleine Mensch zum neuen Mittelpunkt der Familie. Doch mit dem zweiten Kind ändert sich die Konstellation erneut, denn nun fordert erneut ein Baby die Aufmerksamkeit aller und das erste Kind, das seine Eltern bisher für sich hatte, wird zur großen Schwester/zum großen Bruder. Viele Mamas und Papas stellen sich dann Fragen wie: Wie wird mein Kind auf das Geschwisterchen reagieren? Kann ich beiden gerecht werden? Wie erleichtere ich meinem ersten Kind die Umstellung? Sissi Rasche begleitet in ihrem Alltag als Hebamme nicht nur immer wieder Familien in ihre neue Konstellation, sie ist selbst Mutter von drei Kindern. In diesem Artikel gibt sie Tipps zur Vorbereitung auf das Geschwisterchen und berichtet von ihren eigenen Erfahrungen.
Liebe Sissi, Du hast selbst drei Kinder. Was sind Deine Erfahrungen mit der Reaktion Deiner Kinder auf das zweite beziehungsweise das dritte Geschwisterchen?
Der Abstand zwischen meinen ersten beiden Kindern ist mit einem Jahr und neun Monaten relativ gering – dementsprechend intensiv war die erste Zeit. Mein Ältester, Hugo, war selbst noch sehr klein als seine Schwester Cleo auf die Welt kam und konnte deshalb seine Gefühle noch gar nicht richtig wiedergeben. Es gab überhaupt keine Probleme, als Cleo auf der Welt war. Als unser drittes Kind Lilo geboren wurde, waren ihre Geschwister sechs beziehungsweise sieben Jahre alt, also schon um einiges älter. Sie konnten viel verstehen und haben von Anfang an an der Schwangerschaft und Geburt teilgenommen. Das lief sehr gut und es gab keine Eifersucht zwischen den Kindern. Trotzdem ist es mit drei Kindern natürlich schwieriger, jedem seinen Raum zu geben. Mein persönliches Ziel ist es deshalb, mit jedem der Drei immer wieder auch Exklusivzeit zu verbringen.
Wie hast Du Deinen Kindern mitgeteilt, dass ein Geschwisterchen auf dem Weg ist?
Als ich mit unserer kleinen Tochter Lilo schwanger war, haben wir uns als Familie zusammengesetzt und mein Mann und ich haben unseren Kindern gesagt, dass ich noch ein Baby im Bauch habe. Wir haben ihnen erklärt, dass unsere Hebamme nun öfter vorbeikommen wird und die Kinder gefragt, ob sie bei den Vorsorgeuntersuchungen dabei sein möchten. Wir haben auch von Anfang an gemeinsam besprochen, dass wir – vorausgesetzt alles geht gut – wieder eine Hausgeburt planen und dass die Kinder bei allem mit dabei sein dürfen, wenn sie das möchten. Dieser Vorschlag ist bei ihnen auf Zuspruch gestoßen und die beiden Großen haben sich von Anfang an sehr auf ihr neues Geschwisterchen gefreut. Sicherlich liegt das auch daran, dass sie schon sechs und sieben Jahre alt waren und durch meinen Beruf schon immer viel vom Thema Schwangerschaft und Geburt mitbekommen haben.
Was sind typische Bedenken von Eltern, die ihr zweites Kind erwarten und was rätst Du ihnen?
Gerade wenn das erste Kind noch nicht selbstständig ist, haben viele Eltern Respekt davor, wie sie den Alltag mit zwei Kindern meistern werden. Dann ist es wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und nicht davor zu scheuen, um Hilfe zu bitten. Viele Eltern können sich außerdem nicht vorstellen, dass sie ihr zweites Baby genauso lieben können wie das erste, ist dieses doch schon so perfekt. Ich kann nur sagen: Auch wenn man es sich nicht vorstellen kann, sobald das Baby da ist, ist die Liebe nicht geteilt, sondern doppelt so groß und für beide Kinder gleich. Mal bekommt der eine etwas mehr Zuwendung und mal der andere, aber es gleicht sich immer wieder aus.
Sobald das Baby da ist, ist die Liebe nicht geteilt, sondern doppelt so groß und für beide Kinder gleich.
Wie können Eltern ihr Kind schon während der Schwangerschaft mit einbinden und sich als Familie auf die Geburt des Geschwisterchens vorbereiten?
Man kann die Kinder toll in Schwangerschaftsbetreuung, Geburt und Wochenbett miteinbeziehen. Während der Schwangerschaft können werdende Mamas ihr Kind beispielsweise nach Möglichkeit mit zum Ultraschall nehmen. Natürlich geht das nicht immer, aber es lohnt sich, mit der Hebamme, der Ärztin/dem Arzt zu besprechen, ob es zwischendurch mal möglich ist. Auch Bücher zu dem Thema sind eine tolle Möglichkeit, dem Kind zu erklären, was im Körper der Mutter vor sich geht und was es mit dem kleinen Geschwisterchen erwartet. Viele Kinder wollen ganz genau wissen, wie das funktioniert und was das Baby im Bauch macht – da ist es wichtig, ganz viel zu erklären und vorzulesen. Hilfreich ist es auch, dass das Kind die Hebamme kennenlernt und erfährt, dass sie die Mama während der Schwangerschaft begleitet und aufpasst, dass es ihr bei der Geburt gut geht.
Was sind die größten Veränderungen, die ein Kind erlebt, wenn es ein Geschwisterchen bekommt?
Je nach Alter ist es für das ältere Kind erstmal unverständlich, warum das neue Geschwisterchen auf einmal Teil der Familie ist und den gewohnten Alltag auf den Kopf stellt. Das kann man sich in etwa so vorstellen, als würde die Partnerin/der Partner eine neue Person mit nach Hause bringen und sagen: „Sie/er wohnt jetzt bei uns, teilt mit uns das Bett und unseren Alltag“. Da würde wohl jeder erstmal schräg gucken! Deshalb ist es für Eltern wichtig, ihr Kind gut bei der Umstellung zu begleiten und dafür zu sorgen, dass es sich weiterhin genauso geliebt und nicht vernachlässigt fühlt.
Aus Deinem Alltag als Hebamme: Was sind typische Reaktionen von älteren Geschwistern auf ein neues Geschwisterchen vor und nach der Geburt?
Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Einige Kinder schlafen nicht mehr durch und wachen nachts wieder auf. Einige wollen wieder den Schnuller, den sie längst abgelegt haben, andere wieder wie das neue Baby gestillt werden. Manche Kinder haben starke Aggressionen oder machen nachts wieder häufiger ins Bett. Die Reaktionen auf die neue Familienkonstellation sind individuell, aber alle ganz normal. Wichtig ist, ein genaues Auge darauf zu haben und die Gefühle und Reaktionen des Kindes kennenzulernen. Nur so können Eltern das Verhalten ihres älteren Kindes deuten und adäquat darauf reagieren.
Wie beeinflusst der Altersabstand Deiner Erfahrung nach die Geschwisterbeziehung?
Aus meiner Erfahrung als Hebamme und Mutter kann ich sagen: Je jünger das Kind ist, desto einfacher. Bis zum Alter von zwei Jahren können Kinder noch nicht zwischen Meins und Deins unterscheiden, noch nicht richtig sprechen und ihre Gefühle darstellen. Gleichzeitig ist es für die Eltern natürlich eine Herausforderung, sich um zwei Wickel- beziehungsweise Stillkinder zu kümmern. Zwischen zwei und fünf Jahren beginnt dann meist eine sehr intensive Phase, in der die Umstellung auf eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder schwerer fällt. Aber auch für ältere Kinder, die zum Beispiel sieben Jahre lang Einzelkind waren, ist es erstmal gar nicht so einfach, sich nach so vielen Jahren „auf dem Thron“ umzustellen. Sie vermissen die gewohnte Exklusivzeit mit den Eltern häufig stärker und es fällt ihnen schwerer, die Veränderung zu akzeptieren. Je älter das Kind bei der Geburt des Geschwisterchens ist, desto mehr Themen müssen besprochen werden. Jeder Altersabstand birgt also seine ganz eigenen Herausforderungen.
Wie kann ich den Alltag mit Kind und die Bedürfnisse des Neugeborenen kombinieren, besonders im Wochenbett?
Ich empfehle den Familien immer, im Vorhinein abzuklären, wie die frischgebackene Mutter im Wochenbett durch die Unterstützung der Familie oder durch eine Haushaltshilfe entlastet werden kann. Die Aufgabe, sich ums ältere Kind zu kümmern, kann in dieser Zeit auch mal an Familie oder Freunde abgegeben werden. Gleichzeitig muss die große Schwester/der große Bruder nicht immer „wegorganisiert“ werden, sondern kann auch wunderbar mit ins Wochenbett einbezogen werden: Beim Wickeln kann sie/er zum Beispiel immer die frische Windel reichen. So merkt das Kind, dass es weiterhin geliebt und gebraucht wird und dass es eine wertvolle Hilfe ist. Das ist ganz wichtig und ich merke oft, wie gut es den größeren Kindern tut, mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können. Man kann ihnen auch bestimmte Aufgaben geben, zum Beispiel beim Einkaufen den Auftrag erteilen, an die Schokoladensorte zu denken, die die Mama so gerne mag. Als Hebamme gebe ich den älteren Kindern im Wochenbett immer die Aufgabe, mir zu sagen, wenn die Mama zu viel gemacht hat statt sich auszuruhen. Gleichzeitig sollte die große Schwester/der große Bruder aber auch Exklusivzeit mit den Eltern bekommen. So kann man etwa beim Stillen wunderbar ein Buch mit dem älteren Kind anschauen oder während des Wochenbetts gemeinsam Zeit im Bett oder auf dem Sofa mit Kartenspielen oder anderen ruhigen Aktivitäten verbringen. Zu guter Letzt rate ich Eltern, sich selbst den Druck zu nehmen. Es muss nicht immer alles perfekt laufen und die Wohnung darf auch mal dreckig sein. Schon das Bewusstsein dafür nimmt viel Druck raus – und ohne Druck läuft alles besser.
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Wie kann ich meinem Kind die Umstellung erleichtern?
Eltern können ihr Kind bei der Umstellung in erster Linie unterstützen, indem sie seine Gefühle immer ernst nehmen und darauf eingehen. Ob Aggression oder Traurigkeit: Alle Gefühle sollten altersgerecht angesprochen werden. Wenn das Kind sich gesehen und wahrgenommen fühlt und man gemeinsam bespricht, was ihm helfen könnte, fällt schon vieles leichter. Wichtig ist außerdem, das ältere Kind nicht außen vor zu lassen, sondern es rund um das neue Geschwisterchen so viel wie möglich einzubeziehen – natürlich immer altersgerecht. Einen großen Vertrauensbeweis bringen Eltern ihrem älteren Kind entgegen, wenn sie ihm das Baby mal auf den Arm geben oder es beim Spielen auf eine Decke mit ins Kinderzimmer legen – dieses Vertrauen spüren die älteren Geschwister.
Was kann ich tun, wenn die ältere Schwester/der ältere Bruder ablehnend oder eifersüchtig reagiert?
Auch wenn das ältere Kind eifersüchtig reagiert, sollten Eltern ihrem Kind diese Gefühle zugestehen und es damit auffangen. Sie können sich dann die Frage stellen: Wo kann ich ihm Zeit und Raum für gemeinsame Exklusivzeit geben? Kann ich als Mama beispielsweise in Ruhe mit meinem Kind kuscheln oder es ins Bett bringen, während meine Partnerin/mein Partner das Baby im Tragetuch übernimmt? Gleichzeitig sollten sich Eltern nicht davon stressen lassen, wenn auch mal Freunde oder Familie übernehmen: Es kommt nicht unbedingt auf die Quantität, sondern vielmehr auf die Qualität der gemeinsam verbrachten Zeit an.
Vielen Dank liebe Sissi, dass Du mit uns nicht nur Deine professionellen Ratschläge, sondern auch Deine ganz persönlichen Erfahrungen geteilt hast. Kaum eine Beziehung ist in den ersten Lebensjahren so intensiv und so prägend wie die zu den eigenen Geschwistern. Und als frischgebackene Mehrfachmama/frischgebackener Mehrfachpapa kann man einiges dazu beitragen, dem älteren Kind dabei zu helfen, in seine neue Rolle als große Schwester/großer Bruder zu finden. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die aufregende erste Zeit mit eurem neuen Familienmitglied!