Sissi Rasche hat schon rund 450 Geburten begleitet und selbst zwei Kinder mit der Unterstützung einer Hebamme zur Welt gebracht. Sie ist also eine echte Expertin was den Hebammenberuf angeht. Anlässlich des Internationalen Hebammentags hat sie uns im Interview unter anderem verraten, wie ihr Berufsalltag aussieht und wie Du die richtige Hebamme für Dich findest.
1. Du arbeitest als freiberufliche Hebamme. Wie sieht Dein Alltag aus – oder gibt es so etwas in Deinem Beruf gar nicht?
Sissi: Ich habe keine eigene Praxis, sondern besuche alle meine Frauen zu Hause – während der Schwangerschaft und im Wochenbett. Dabei habe ich drei Tage in der Woche „kurze Tage“, an denen ich nach der Arbeit meine eigenen Kinder vom Kindergarten abhole. Zweimal in der Woche arbeite ich aber bis in den Abend hinein, um Schwangere zu treffen, die tagsüber wegen ihrer Arbeit keine Zeit haben. Ich mache Geburtshilfe in der Eins-zu-Eins-Betreuung und kann dadurch natürlich jederzeit zu einer Geburt gerufen werden. Deswegen lassen sich die Tage nicht so genau planen. So kann es auch vorkommen, dass ich wegen eines Blasensprungs oder beginnender regelmäßiger Wehen gerufen werde und dafür einen anderen Termin kurzfristig absagen muss. Das wissen meine Frauen aber, denn das ist quasi Murphys Law mit einer Hebamme. :) Da ich Hausbesuche mache, muss aber zum Glück niemand irgendwo außerhalb auf mich warten.
2. Was war die bisher schönste Erfahrung, die Du als Hebamme machen durftest?
Sissi: Während der Hebammenausbildung hatte ich ein sogenanntes Externat, ein Praktikum in der Hausgeburtsbetreuung, bei der wunderbaren Hebamme Ulrike Aulbach in Hamburg. Dort habe ich meine erste Hausgeburt erlebt. Und das war für mich das bisher prägendste Erlebnis: Zum ersten Mal habe ich eine Geburt ohne Intervention gesehen. Die Frau hat aus eigener Stärke ihr Kind geboren! In der Hebammenausbildung ist es dagegen eher die Regel, dass Frauen im Krankenhaus entbinden. Nach dieser Hausgeburt wusste ich, dass ich genauso arbeiten will: in einer Eins-zu-Eins-Betreuung – ohne Schichtdienst und Zeitdruck – die es mir ermöglicht, jede Frau richtig kennenzulernen und mich auf sie einzustellen. Es ist für mich ein Luxus, dass ich meine Frauen in der Schwangerschaft, bei der Geburt und während des Wochenbetts begleiten kann.
3. Wenn Du etwas an dem Berufsbild ändern könntest: Was wäre das?
Sissi: Am Berufsbild würde ich tatsächlich nichts verändern. Was ich allerdings gerne ändern würde, ist die Hebammenversorgung in Deutschland. Mich erschüttert, in welche Richtung sie sich entwickelt: Immer mehr Frauen werden ganz schlecht betreut, weil es keine flächendeckende Hebammenvermittlung gibt und im Krankenhaus bleibt wegen der vielen Arbeit oft zu wenig Zeit für die Betreuung. Dazu kommt, dass der Beruf, für die Arbeit, die Hebammen täglich leisten, zu schlecht vergütet wird.
4. Gibt es Vorurteile gegenüber Hebammen, mit denen Du aufräumen möchtest? Wenn ja, welche?
Sissi: In den Köpfen vieler Menschen sind Hebammen grundsätzlich alt und altmodisch. Bis vor ein paar Jahren war es noch immer so, dass einige Schwangere beim ersten Treffen ganz verwundert darüber waren, wenn eine junge, moderne Frau zu ihnen kam. Dabei können Hebammen ganz unterschiedlich sein und für jede Frau gibt es die passende Hebamme. :)
5. Du hast selbst zwei Kinder. Haben die Geburtserfahrungen Deine Sicht auf Deine Arbeit als Hebamme verändert?
Sissi: Natürlich haben meine Geburtserfahrungen mit meinen eigenen Kindern mich als Hebamme verändert. Es war einfach toll, als Hebamme selbst einmal eine Hebamme haben zu dürfen. Und ich habe eine ganz, ganz tolle Hebamme, die mich bei beiden Hausgeburten wunderbar begleitet hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Die eigene Geburtserfahrung beeinflusst auf jeden Fall meine Arbeit. Viele Frauen finden es gut, dass ich selbst zwei Kinder habe und schon einmal „auf der anderen Seite“ war. Tatsächlich sagt Kinderkriegen meiner Meinung nach aber nichts darüber aus, wie gut man als Hebamme ist.
6. Wie kam es dazu, dass Du mit LILLYDOO zusammen Babyprodukte entwickelst?
Sissi: Aus meinem Alltag als Hebamme weiß ich natürlich genau, worauf es bei der Babypflege ankommt. Zusatzstoffe wie Parfüme, Parabene oder PEG-Emulgatoren gehören nicht dazu. Lange Zeit mussten wir uns bei der Babypflege zwischen Leistungsfähigkeit und Hautfreundlichkeit entscheiden. Das hat mich sehr gestört! Als LILLYDOOs Gründer Sven und Gerald dann auf mich zukamen und fragten, ob ich mein Wissen in die Entwicklung der Produkte einfließen lassen möchte, habe ich deshalb sofort Ja gesagt. Es macht großen Spaß, LILLYDOO mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ich finde es toll, dass ich meinen Frauen jetzt Produkte empfehlen kann, von denen ich voll und ganz überzeugt bin.
7. Was empfiehlst Du werdenden Eltern:
… Wann sollte man sich um eine Hebamme kümmern?
Sissi: In der momentanen Situation: mit positivem Schwangerschaftstest! Natürlich wollen viele am liebsten die ersten drei Monate abwarten, aber die Suche nach einer passenden Hebamme kann schon einige Zeit dauern. Falls es zu einer Fehlgeburt kommen sollte, kommen die Krankenkassen trotzdem für die Hebammenbetreuung auf. Denn eine solche schwere Zeit muss man nicht alleine durchstehen.
… Worauf sollte man bei der Wahl der Hebamme achten?
Sissi: Damit Du die passende Hebamme überhaupt finden kannst, wäre im ersten Schritt zu überlegen, welche Art von Hebammenbetreuung und Geburt Du möchtest: Eins-zu-Eins-Betreuung? Hausgeburt? Wenn Deine beste Freundin schon ein Baby bekommen hat, würde ich zuallererst sie nach einer guten Hebamme fragen. Vielleicht hat auch sonst noch jemand in Deinem Freundes- und Bekanntenkreis einen guten Tipp. Diese Art der Suche ist oft am besten. Ansonsten gibt es auch im Internet Hebammenlisten und Du kannst in Krankenhäusern oder Hebammenpraxen nachfragen. Hast Du eine Hebamme gefunden und triffst Dich zum ersten Mal mit ihr, ist es wichtig auf Deinen Bauch zu hören: Stimmt die Chemie zwischen euch? Sei ehrlich mit Dir und der Hebamme und triff im Zweifel noch eine zweite Hebamme. Dir steht eine sehr intensive Zeit bevor und es ist wichtig, dass Du Dich gut aufgehoben fühlst. Wenn Du eine Hebamme zum Erstgespräch triffst, kannst Du alle Fragen stellen, die Dir auf dem Herzen liegen: Wie stellt sich die Hebamme eine Betreuung vor? Wie sieht die Betreuung in der Schwangerschaft und im Wochenbett aus? etc.
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8. Was würdest Du anderen aus Deiner Erfahrung raten, die auch Hebamme werden wollen:
… Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, um eine gute Hebamme zu werden?
Sissi: Als Hebamme braucht man sehr viel Empathie. Auch die Fähigkeit, sich schnell auf neue Situation einstellen zu können, ist wichtig. Außerdem sollte man geduldig sein – gerade in der Geburtshilfe braucht man einen langen Atem und viel Zeit. Belastbarbarkeit ist ebenfalls eine wichtige Eigenschaft, denn man muss mit wenig Schlaf auskommen und mit unregelmäßigen Tagesabläufen, langen Nächten in Krankenhäusern und Rufbereitschaft klarkommen. Ich komme da persönlich ganz gut mit klar, aber vielen fällt das wirklich schwer. Zuverlässigkeit spielt eine große Rolle, denn auch wenn es manchmal nervt: Man muss immer erreichbar sein und deshalb eine ordentliche Portion Flexibilität mitbringen. Und nicht zuletzt braucht man natürlich Freude an der Arbeit mit Frauen und Kindern.
… Wie läuft die Ausbildung zur Hebamme ab?
Sissi: Es gibt mehrere Hebammenschulen in Deutschland, an denen man eine dreijährige Berufsausbildung macht. Diese Schulen sind immer an Krankenhäuser angeschlossen. Den Beruf der Hebamme kann man inzwischen auch studieren – es gibt mittlerweile mehrere Bachelorstudiengänge –, aber ich bin der Meinung, dass der Hebammenberuf ein Handwerk ist und man ganz viel Praxiserfahrung braucht. Es lohnt sich deshalb, viele Praktika zu machen und das am besten bei erfahrenen Hebammen, die ihr ganzen Wissen weitergeben können. Das ist auch wichtig, damit das alte, traditionelle Hebammenwissen nicht verloren geht.
9. Zum Schluss: Wie sieht Dein Fazit zum Beruf der Hebamme aus?
Sissi: Hebamme zu sein ist ein ganz, ganz toller Beruf, der viel Abwechslung mit sich bringt. Kein Tag und keine Geburt ist wie die andere. Außerdem bist Du bei einem der größten Wunder dieser Welt dabei: der Geburt eines kleinen Menschen! Das ist jedes Mal aufs Neue eine wundervolle Erfahrung. Deshalb ist mein Fazit eindeutig: Ich liebe meine Arbeit und würde auch heute noch immer wieder Hebamme werden wollen. Ihre besten Tricks und Tipps gibt LILLYDOO-Hebamme Sissi übrigens auch auf unserem YouTube-Kanal weiter. Dort zeigt sie Dir unter anderem, wie Du die perfekte Windelgröße findest und was bei einem wunden Babypo Abhilfe schafft!